24 Juli 2025

Vorsorgeausweis: 8 Schlüssel zum besseren Verständnis

Vorsorge

Jedes Jahr erhalten Sie ihn – und legen ihn oft ungelesen ab: Ihren Vorsorgeausweis. Dabei verdient dieses Dokument Ihre volle Aufmerksamkeit. Hinter der technischen Sprache und den scheinbar abstrakten Zahlen verbirgt sich ein wertvoller Überblick über Ihre persönliche Situation in Bezug auf Altersrente, Invalidität und Leistungen im Todesfall.

Es zeigt, wie viel Sie einzahlen, was Ihr Arbeitgeber für Sie leistet, wie hoch Ihre Rente sein wird – und was Ihre Familie im Ernstfall erhält. Viele Menschen entdecken diese Informationen zu spät.

Hier finden Sie 8 einfache Orientierungspunkte, um Ihren Vorsorgeausweis besser zu verstehen – und sinnvoll zu nutzen.
 

1. Wussten Sie das? Der versicherte Lohn ist nicht immer gleich wie der gemeldete Lohn

Ihr Ausweis unterscheidet zwei wichtige Begriffe:

  • Gemeldeter Lohn: Dieser wird im Reglement Ihrer Kasse definiert. Er entspricht oft Ihrem AHV-pflichtigen Einkommen, kann aber bestimmte Bestandteile ein- oder ausschliessen (z. B. Boni, Provisionen usw.).
  • Versicherter Lohn: Dieser bildet die Grundlage für die Berechnung Ihrer Beiträge und Leistungen.

Im obligatorischen Bereich wird vom gemeldeten Lohn der Koordinationsabzug* abgezogen (CHF 26'460 im Jahr 2025), der versicherte Lohn darf CHF 90'720 nicht übersteigen.
Beispiel: Bei einem Jahreslohn von CHF 150’000 beträgt der maximal versicherbare Lohn im obligatorischen Teil CHF 64’260 (90’720 – 26’460).

Gewisse umhüllende Kassen gehen weiter: Sie können Löhne bis zu CHF 907’200 versichern – in der Regel ohne Koordinationsabzug.

Im gleichen Beispiel könnte ein umhüllender Plan den gesamten Lohn von CHF 150’000 versichern – was Ihre zukünftigen Leistungen deutlich verbessert.

2. Wer zahlt was?

Gemäss Art. 66 BVG übernimmt der Arbeitgeber mindestens 50 % der Beiträge für das gesamte Personal. Einige Pläne sehen sogar einen höheren Arbeitgeberanteil vor.

Ihr Ausweis zeigt, wie die Beiträge zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber aufgeteilt sind. Wenn Sie den Arbeitgeber wechseln, lohnt es sich, diesen Punkt genau zu vergleichen – denn er ist Teil Ihrer indirekten Vergütung.

3. Die Sparbeiträge steigen mit dem Alter

Ihre Altersgutschriften wachsen mit der Zeit. Die gesetzlichen Altersgutschriften sind:

Alter                 gesetzliche Altersgutschriften
25–34 Jahre      7 %
35–44 Jahre      10 %
45–54 Jahre      15 %
55–64 Jahre      18 %

Dies sind gesetzliche Mindestwerte (Art. 16 BVG). Ihr Plan kann je nach Reglement frühere Einzahlungen oder andere Beitragsskalen vorsehen.

4. Altersleistungen: Was bestimmt Ihre Rente von morgen?

In einem Beitragsprimat-Plan (dem häufigsten Modell) kann Ihr Ausweis eine Rentenprognose enthalten, die von folgenden Faktoren abhängt:

  • Umwandlungssatz: Dieser bestimmt, wie Ihr Alterskapital in eine Rente umgewandelt wird. Für den obligatorischen Teil wird er vom Bundesrat festgelegt, für den überobligatorischen Teil vom Stiftungsrat Ihrer Kasse.
  • Zinssatz: Der jährliche Zins, mit dem Ihr Kapital verzinst wird (siehe Punkt 5).
  • Projektionszinssatz : Der Zinssatz, mit welchem Ihr Altersguthaben bis zur Pensionierung hoch gerechnet wird. Dabei handelt es  sich um eine unverbindliche Schätzung Ihrer Rente – ohne Garantie.
  • Wahl der Leistung: Rentenbezug, Kapitalbezug oder eine Kombination von beiden. Mehr dazu finden Sie in unserem Artikel "Ruhestand: Rente, Kapital oder oder eine Kombination daraus? Treffen Sie die richtige Wahl"  
5. Ihr Kapital arbeitet für Sie

Ihr angespartes Vorsorgekapital wird jährlich verzinst:

  • Der obligatorische Teil (BVG) wird zu einem vom Bundesrat festgelegten Mindestzinssatz verzinst: Im Jahr 2025 beträgt dieser 1.25%.
  • Der Überobligatorische Teil wird zu einem Zinssatz verzinst, der von den Vertretern der Arbeitgeber und Versicherten bestimmt wird.

Bei guter finanzieller Lage der Kasse können Zusatzverzinsungen oder Überschüsse gutgeschrieben werden – man spricht dann vom „dritten Beitragszahler“.

6. Bei Invalidität oder Tod – was erhalten Ihre Angehörigen?

Der Ausweis zeigt auch Ihre Risikoleistungen auf. Bei Invalidität oder Tod wird die Rente in der Regel auf Basis Ihres versicherten Lohns berechnet.
Die typischen Leistungen sind:

  • Invalidenrente
  • Partnerrente (für Ehe- oder Lebenspartner)
  • Waisenrente – in der Regel bis zum 18. Lebensjahr (oder 25. Lebensjahr, wenn in Ausbildung)

Sind Sie nicht verheiratet? Dann prüfen Sie, ob Ihre Lebenspartnerin bzw. Ihr Lebenspartner bei Ihrer Kasse angemeldet ist.

7. Freizügigkeitsleistung: ein Hinweis auf einen vorteilhaften Plan

Wenn Sie den Arbeitgeber wechseln, wird Ihr Vorsorgeguthaben als Freizügigkeitsleistung an die Stiftung Ihres neuen Arbeitgebers übertragen.

Denken Sie daran: Der Übertrag liegt in Ihrer Verantwortung. Wird er vergessen, landet das Geld bei der Auffangeinrichtung.

Tipp: Vergleichen Sie Ihr Vorsorgeguthaben mit dem gesetzlich vorgeschriebenen BVG-Mindestbetrag auf Ihrem Ausweis. Je grösser der Unterschied, desto mehr überobligatorische Leistungen haben Sie in Ihrem aktuellen oder früheren Plan erhalten.

8. Und die 1e-Pläne?

Für hohe Einkommen (ab CHF 136’080) bieten manche Pensionskassen sogenannte 1e-Pläne an. Diese erlauben eine individuelle Anlagestrategie, sind aber auch mit dem Risiko von Marktschwankungen verbunden.

Solche Pläne sind spezifisch und unterliegen bestimmten Bedingungen, die von Ihrer Vorsorgeeinrichtung festgelegt werden. Interessiert Sie dieses Thema? Wir werden ihm in Kürze einen eigenen Artikel widmen.

Was Sie jetzt tun können

Lesen Sie Ihren Vorsorgeausweis bewusst und sorgfältig. Bei Fragen wenden Sie sich an Ihre HR-Abteilung oder direkt an Ihre Pensionskasse. Ein gutes Verständnis heute schützt Sie vor Überraschungen morgen.

*Der Koordinationsabzug (oder Koordinationsbetrag) wird vom Bund festgelegt. Er dient dazu, eine Doppelversicherung zwischen der AHV und der BVG zu vermeiden: Er wird vom Bruttolohn abgezogen, um den versicherten Lohn in der 2. Säule zu bestimmen.
 

Quentin Muller
Pension Administration Director